Thermische Prüfungen
Die thermische Prüfung eines Bauteils dient der Beurteilung seiner Temperaturbeständigkeit und der Analyse von Materialeigenschaften unter thermischen Einflüssen. Die Untersuchung umfasst standardisierte Verfahren zur Ermittlung von Temperaturgrenzen und Fließverhalten, die für den praktischen Einsatz und die Qualitätssicherung entscheidend sind.
Schmelztemperatur, Glasübergangstemperatur
Die Schmelztemperatur eines thermoplastischen Kunststoffs dient der Materialidentifizierung und gibt Hinweise auf eine mögliche Materialverwechselung oder einen Polymerabbau durch ungeeignete Prozessbedingungen. Die Messung der Schmelztemperatur erfolgt nach DIN EN ISO 11357 mittels Dynamischer Differenz-Thermoanalyse (DSC). Dabei wird die abgegebene bzw. aufgenommene Wärmemenge eines Materials in Abhängigkeit von der Temperatur gemessen. Zusätzlich zur Schmelztemperatur kann mit DSC die zum Schmelzen notwendige Enthalpien gemessen werden. Für amorphe Polymere ist die Glasübergangstemperatur eine wichtige Kenngröße.
Erweichungstemperatur nach Vicat
Die Erweichungstemperatur nach Vicat nach DIN EN ISO 306 ist ein Maß für die Wärmeformbeständigkeit und damit für die Temperaturbelastbarkeit von Kunststoffen. Zur Messung der Erweichungstemperatur (VICAT Softening Temperature, VST) wird eine definierte Spitze mit konstantem Druck auf die Oberfläche gedrückt und gleichzeitig die Temperatur des Werkstücks erhöht. Die Vicat-Erweichungstemperatur ist definiert als diejenige Temperatur, bei der die Spitze 1 mm tief in die Oberfläche eindringt. Die Erweichungstemperatur gibt Hinweise auf die praktische Dauereinsatzgrenze von thermoplastischen Kunststoffen.
HDT-Wärmeformbeständigkeit
Die Messung der HDT-Wärmeformbeständigkeit erfolgt nach DIN EN ISO 75-2. Ähnlich wie die Erweichungstemperatur nach Vicat dient die HDT-Wärmeformbeständigkeit dazu, die praktische Dauereinsatztemperatur von Kunststoffen bestimmen. Bei dieser Prüfung wird der Prüfkörper an den Enden auf Widerlager gelegt und nach dem Dreipunktbiegeprinzip in der Mitte mit einem Stempel mit konstanter Biegespannung belastet. Der Prüfkörper wird solange erwärmt bis eine vorgegebene Standarddurchbiegung erreicht ist. Die Standarddurchbiegung entspricht einer Randfaserdehnung von 0,2 %.
Schmelzflussindex
Der Schmelzflussindex wird häufig auch in mit den englischen Abkürzungen MFI (melt flow index) oder MI (melt index) bezeichnet. Er dient der Charakterisierung des Fließverhaltens eines thermoplastischen Kunststoffs und damit dessen Polymerisationsgrades. Durch vergleichende Messungen ist der MFI geeignet, Materialverunreinigungen und Verarbeitungsfehler aufzudecken. Man unterscheidet zwischen der Volumenfließrate (MVR, melt volume-flow rate) und die Massefließrate MFR (melt mass-flow rate). Beide sind über die Schmelzedichte miteinander verknüpft, die Messmethode wird in der DIN EN ISO 1133 beschrieben und ist ein Routineverfahren in der Kunststoffanalytik.